Frauennotruf Frankfurt

Inhaltsverzeichnis
Standort des Frauennotrufs Frankfurt im Öko-Haus in der Kasseler Straße 1a, Frankfurt am Main
Foto: Karin Kraus

Der Frauennotruf Frankfurt ist eine 1982 gegründete Beratungsstelle für Frauen und Mädchen, die Opfer von sexualisierter, körperlicher oder digitaler Gewalt geworden sind. Sie gehört dem Verein Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen und Mädchen e. V. an.1o. A. (2003): Wenn aus dem Ehemann ein Verfolgter wird: Der Frankfurter Frauennotruf registriert immer mehr „Stalking“-Fälle. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Artikel vom 02.05. Online unter: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/wenn-aus-dem-ehemann-ein-verfolger-wird-der-frankfurter-frauennotruf-registriert-immer-mehr-stalking-faelle-1101140.html (Zugriff am 15.08.2021). Als Initiator der Kampagne Medizinische Grundversorgung nach einer Vergewaltigung in Zusammenarbeit mit den Frankfurter Frauenkliniken ist der Frauennotruf Frankfurt Vorreiter in Bezug auf eine Erstversorgung und medizinische Untersuchung von vergewaltigten Frauen in ganz Deutschland.2Karb, Ingrid (2015): Manche Opfer melden sich erst nach Jahren. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Artikel vom 03.01. Online unter: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/frankfurter-frauennotruf-manche-opfer-melden-sich-erst-nach-jahren-13350208.html (Zugriff am 15.08.2021). Im Jahr 2021 hat sich dieses Modell in drei Bundesländern und insgesamt 18 deutschen Städten etabliert.3Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen und Mädchen e. V. (o. J.): Bundesländer. In: Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung. Online unter: https://www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de/bundeslaender/ (Zugriff am 15.08.2021).

Beratung und Angebot

Eingangsbereich des Frauennotrufs Frankfurt in der Kasseler Straße 1a, Frankfurt am Main
Foto: Karin Kraus

Aufgabe des Frauennotrufs Frankfurt ist es, als unbeteiligte Partei Frauen und Mädchen, die Opfer von Gewalt, Stalking oder Belästigung geworden sind, beizustehen und zu beraten. Die Beratung erfolgt telefonisch oder persönlich vor Ort, das Anliegen kann auch anonym aufgenommen werden.4Schindler, Helen (2021): Frauennotruf Frankfurt berät seit fast 40 Jahren hilfesuchende Frauen. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 15.04. Online unter: https://www.fr.de/frankfurt/frauennotruf-frankfurt-beraet-seit-fast-40-jahren-hilfesuchende-frauen-90461619.html (Zugriff am 15.08.2021). Beratungsgegenstand können ganz unterschiedliche Themen sein: Vergewaltigungen und Nötigung, Körperverletzung, Fälle von Stalking und Belästigungen oder aber die sogenannte „digitale Gewalt“ gegen Frauen, die Androhung, Fotos und Videos der Betroffenen im Internet zu veröffentlichen.5Tinnappel, Friederike (2016): Ein einfaches Nein genügt. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 25.11. Online unter: https://www.fr.de/frankfurt/einfaches-nein-genuegt-11082106.html (Zugriff am 15.08.2021). Individuell werden die nächsten Schritte vereinbart und eventuelle Schutzkonzepte erarbeitet.6Schindler, Helen (2021): Frauennotruf Frankfurt berät seit fast 40 Jahren hilfesuchende Frauen. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 15.04. Online unter: https://www.fr.de/frankfurt/frauennotruf-frankfurt-beraet-seit-fast-40-jahren-hilfesuchende-frauen-90461619.html (Zugriff am 15.08.2021). Zudem wird über juristische Vorgehensweisen aufgeklärt und der Kontakt zu Rechtsanwält*innen, Therapeut*innen und Frauenhäusern vermittelt.7Schindler, Helen (2021): Frauennotruf Frankfurt berät seit fast 40 Jahren hilfesuchende Frauen. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 15.04. Online unter: https://www.fr.de/frankfurt/frauennotruf-frankfurt-beraet-seit-fast-40-jahren-hilfesuchende-frauen-90461619.html (Zugriff am 15.08.2021).

Seit 2015 nehmen bei Bedarf auch Dolmetscher*innen an den Beratungsgeprächen teil.8o. A. (2015): Frauennotruf wird verstärkt genutzt. In: Frankfurter Neue Presse, Artikel vom 08.07. Online unter: https://www.fnp.de/frankfurt/frauennotruf-wird-verstaerkt-genutzt-10873416.html (Zugriff am 15.08.2021).

Organisation und Haushalt

Der Frauennotruf Frankfurt setzt sich zusammen aus vier Mitarbeiter*innen.9Tinnappel, Friederike (2016): Ein einfaches Nein genügt. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 25.11. Online unter: https://www.fr.de/frankfurt/einfaches-nein-genuegt-11082106.html (Zugriff am 15.08.2021). Gefördert wird die Beratungsstelle durch die Stadt Frankfurt und das Land Hessen sowie durch Spenden und Bußgelder.10Micksch, Steven (2019): Frankfurt: Mehr Frauen suchen Hilfe. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 11.05. Online unter: https://www.fr.de/frankfurt/mehr-frauen-suchen-hilfe-12272440.html (Zugriff am 15.08.2021).11Karb, Ingrid (2015): Manche Opfer melden sich erst nach Jahren. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Artikel vom 03.01. Online unter: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/frankfurter-frauennotruf-manche-opfer-melden-sich-erst-nach-jahren-13350208.html (Zugriff am 15.08.2021).12Ganster, Monika (2023): „Wir wären gerne weiter“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Interview vom 29.06.

Im Jahr 2020 beriet der Frauennotruf 678 Frauen13o. A. (2021): Corona und häusliche Gewalt: Beratung und Hilfe im Lockdown. In: Süddeutsche Zeitung, Artikel vom 02.05. Online unter: https://www.sueddeutsche.de/panorama/kriminalitaet-wiesbaden-corona-und-haeusliche-gewalt-beratung-und-hilfe-im-lockdown-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210502-99-435669 (Zugriff am 15.08.2021)., im Jahr 2019 743 und im Jahr 2018 half der Frauennotruf insgesamt 667 Betroffenen.14o. A. (2021): Frauennotruf meldet weniger Fälle häuslicher Gewalt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Artikel vom 25.03. Online unter: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/frankfurter-frauennotruf-meldet-weniger-faelle-haeuslicher-gewalt-17262875.html (Zugriff am 15.08.2021). Damit wird das Angebot vergleichsweise häufiger als in anderen deutschen Großstädten angenommen. So beriet der Frauennotruf in München 2019 insgesamt 215 Betroffene15Beratungsstelle Frauennotruf München (2020): Räume schaffen. Sachbericht 2019. S. 29. Online unter: https://frauennotruf-muenchen.de/wp-content/uploads/2020/04/sachbericht-2019-online.pdf (Zugriff 15.08.2021)., der Frauennotruf Hamburg führt jährlich ca. 600 Beratungen bei mehr als doppelt so vielen Einwohnern wie Frankfurt durch.16Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen e. V. (o. J.): Frauennotruf Hamburg. Zahlen und Fakten. In: Webseite des Frauennotrufs Hamburg. Online unter: https://www.frauennotruf-hamburg.de/sexualisierte-gewalt/zahlen-und-fakten/ (Zugriff am 15.08.2021). Das durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben verwaltete bundesweite Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen verzeichnete im Jahr 2020 insgesamt 51.400 Beratungen.17Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (Hg.) (2021): Jahresbericht des Hilfstelefons „Gewalt gegen Frauen“ 2020. Köln, S. 2. Online unter: https://www.hilfetelefon.de/fileadmin/content/04_Materialien/1_Materialien_Bestellen/Jahresberichte/2020/501_Jahresbericht_2020_web.pdf (Zugriff 15.08.2021).

Arbeitsschwerpunkte

Neben dem Beratungsangebot weist der Frauennotruf Frankfurt mit unterschiedlichen Kampagnen und Aktionen auf die Themen „Vergewaltigung“ und „Gewalt gegen Frauen“ hin.

Als Mitglied im Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe war der Frauennotruf Frankfurt an der Kampagne „Nein heißt Nein“ beteiligt, mit deren Hilfe 2016 eine Verschärfung des Sexualstrafrechts erreicht werden konnte.18Ganster, Monika (2023): „Wir wären gerne weiter“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Interview vom 29.06.19Deutscher Bundestag (2016): Bundestag entscheidet „Nein heißt Nein“. In: Archiv des Deutschen Bundestags, Eintrag vom 07.07. Online unter: https://www.bundestag.de/webarchiv/textarchiv/2016/kw27-de-selbstbestimmung-434214 (Zugriff am 30.06.2023).

Kampagne „Medizinische Grundversorgung nach einer Vergewaltigung“

Die Kampagne Medizinische Grundversorgung nach einer Vergewaltigung wurde 2013 durch den Frauennotruf Frankfurt initiiert und zusammen mit sieben Frankfurter Frauenkliniken ins Leben gerufen.20Tinnappel, Friederike/Schmidt,Katja (2013): Kostenlose und anonyme Hilfe. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 25.11. Online unter: https://www.fr.de/rhein-main/kostenlose-anonyme-hilfe-11107595.html (Zugriff am 15.08.2021). Ziel war und ist es, die Hürde zu senken, sich auch nach einer versuchten Vergewaltigung ärztlich untersuchen zu lassen, sowie die Bereitschaft zur Anzeige zu erhöhen.21Spielberg, Petra (2014): „Wir dürfen niemanden wegschicken“. In: Deutsches Ärzteblatt, 111(12), Artikel vom 21.03. Dafür wurde den Frankfurter Kliniken Material zur Beweisaufnahme zur Verfügung gestellt und das medizinische Personal entsprechend geschult.22Tinnappel, Friederike/Schmidt, Katja (2013): Kostenlose und anonyme Hilfe. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 25.11. Online unter: https://www.fr.de/rhein-main/kostenlose-anonyme-hilfe-11107595.html (Zugriff am 15.08.2021). Die Betroffenen können zwischen drei verschiedenen Behandlungsoptionen wählen: eine rein ärztliche Behandlung, eine ärztliche Behandlung mit Beweissicherung, jedoch ohne Einschalten der Polizei, und eine ärztliche Behandlung mit Beweissicherung und polizeilicher Ermittlung.23Spielberg, Petra (2014): „Wir dürfen niemanden wegschicken“. In: Deutsches Ärzteblatt, 111(12), Artikel vom 21.03. Ein Erhebungsbogen, der als Leitfaden während der ärztlichen Untersuchung dient, wurde zusammen mit der Polizei erarbeitet und lässt alle wichtigen Fakten für eine eventuelle Anklage festhalten.24Tinnappel, Friederike/Schmidt, Katja (2013): Kostenlose und anonyme Hilfe. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 25.11.Online unter: https://www.fr.de/rhein-main/kostenlose-anonyme-hilfe-11107595.html (Zugriff am 15.08.2021). Beweismittel können bis zu einem Jahr im Institut der Rechtsmedizin gelagert werden. Damit soll den betroffenen Frauen die Möglichkeit eingeräumt werden, sich noch im Nachhinein für eine Anzeige zu entscheiden.25Spielberg, Petra (2014): „Wir dürfen niemanden wegschicken“. In: Deutsches Ärzteblatt, 111(12), Artikel vom 21.03. Auch ohne Termin ist eine solche Untersuchung nach einer Vergewaltigung möglich, indem die Frauen in der Notaufnahme mit dem Satz „Ich brauche dringend einen Termin mit einer Gynäkologin“ auf sich aufmerksam machen.26o. A. (2016): Jede Vergewaltigung ist ein Notfall. In: Frankfurter Neue Presse, Artikel vom 25.05. Online unter: https://www.fnp.de/frankfurt/jede-vergewaltigung-notfall-10584440.html (Zugriff am 15.08.2021).

Mittlerweile nehmen elf Frankfurter Kliniken an diesem Modell teil.27Scheh, Christian (2017): Frauennotruf: Soforthilfe nach Vergewaltigung. In: Frankfurter Neue Presse, Artikel vom 28.06. Online unter: https://www.fnp.de/frankfurt/frauennotruf-soforthilfe-nach-vergewaltigung-10468211.html (Zugriff am 15.08.2021). Zwischen 2013 und Dezember 2019 haben insgesamt 468 Frauen diese Angebote in Anspruch genommen.28Schindler, Helen (2020): Hilfe nach Vergewaltigung wird unterstützt. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 12.08. Online unter: https://www.fr.de/frankfurt/hessen-hilfe-nach-vergewaltigung-wird-unterstuetzt-90022510.html (Zugriff am 15.08.2021).

Mit diesem Angebot war die Stadt Frankfurt am Main Vorreiter in ganz Deutschland.29Karb, Ingrid (2015): Manche Opfer melden sich erst nach Jahren. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Artikel vom 03.01. Online unter: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/frankfurter-frauennotruf-manche-opfer-melden-sich-erst-nach-jahren-13350208.html (Zugriff am 15.08.2021). So wussten viele Betroffene bis dahin nicht, an wen sie sich wenden sollten, und wurden zum Teil abgewiesen, wenn sie sich ohne Einschalten der Polizei ärztlich untersuchen lassen wollten.30Spielberg, Petra (2014): „Wir dürfen niemanden wegschicken“. In: Deutsches Ärzteblatt, 111(12), Artikel vom 21.03. Zwischen den Jahren 2015 und 2016 wurde das Frankfurter Modell auch in weiteren hessischen Städten übernommen, beispielsweise in Offenbach, Darmstadt oder Hanau. Aber auch deutschlandweit stieg die Nachfrage immer mehr an.31Leppert, Georg (2018): Mehr Arbeit für den Frauennotruf. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 28.08. Online unter: https://www.fr.de/frankfurt/mehr-arbeit-frauennotruf-10953511.html (Zugriff am 15.08.2021). Im Jahr 2021 wird es in drei deutschen Bundesländern angeboten: Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg.32Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen und Mädchen e. V. (o. J.): Bundesländer. In: Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung. Online unter: https://www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de/bundeslaender/ (Zugriff am 15.08.2021).

Weitere Kampagnen

Plakataktion des Frauennotrufs Frankfurt zu Gewalt am Arbeitsplatz
Foto: Karin Kraus

Darüber hinaus setzt sich der Frauennotruf Frankfurt dafür ein, dass das Thema „Gewalt gegen Frauen“ mehr Beachtung erhält, beispielsweise mit Plakataktionen in Bussen und Bahnen.33Müller, Elena (2016): Opfern mehr Zeit verschaffen. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 22.01. Online unter: https://www.fr.de/rhein-main/main-kinzig-kreis/opfern-mehr-zeit-verschaffen-11635321.html (Zugriff am 15.08.2021).

Im Jahr 2014 wurde mit einer Kunstaktion auf der Konstabler Wache auf das Angebot der Medizinischen Grundversorgung nach einer Vergewaltigung hingewiesen. 24 Stunden wurde ein Bett mit Nachttisch aufgestellt, um auf den zweitgefährlichsten Ort, die eigenen vier Wände, aufmerksam zu machen. Der O-Ton der Aktion war es, dass es nachts in der Stadt weniger gefährlich ist, als das eigene Zuhause sein kann.34Tinnappel, Friederike (2014): Ein Bett auf der Konsti. In: Frankfurter Rundschau, Artikel vom 02.04. Online unter: https://www.fr.de/frankfurt/bett-konsti-11224650.html (Zugriff am 15.08.2021).

Publikationen

  • Frauennotruf Frankfurt (2005): Fremdsprachige psychosoziale Beratung im Raum Frankfurt am Main. Beratungsangebote. Mit Dolmetscherinnen- und Übersetzerinnenliste. 3. Aufl. Frankfurt/M.: Fachhochschul-Verlag.
  • Frauennotruf Frankfurt (2011): Digitale Gewalt digitale Welten – digitale Medien. Frankfurt/M.

Weblinks

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